Der Tod eines Propheten

Die jüdische Überlieferung berichtet, dass der Prophet Jesaja unter Manasse, dem Sohn und Nachfolger des Königs Hiskia, ermordet worden ist. Wenn wir in Rechnung stellen, dass Jesaja ca. 60 Jahre lang als Prophet Gottes in Israel gedient hat, dann muss er ein Greis von über 80 Jahren gewesen sein, als man ihn ermordete.

Nachdem er so lange seinen einfachen Glauben treu gelebt hatte, wurde er also ermordet! Er konnte sein Leben nicht in Frieden beenden, nein, sein Glaubenskampf dauerte bis zum letzten Atemzug. Ich weiß nicht, was Jesaja angesichts seines gewaltsamen Endes gedacht und empfunden hat, aber mir macht dieses Leben deutlich, dass ich keinen Anspruch auf Bewahrung vor dem Schlimmen und Entsetzlichen habe! Auch ich muss als ein Kind Gottes glauben und kämpfen; nichts muss mir erspart bleiben. Ich habe nur eine einzige Garantie: Es ist die von Gott garantierte ‚Auferstehung am letzten Tag’!

Bin ich damit zufrieden? Ich will es sein! Ich will es sein, weil ich Gott vertraue. Glauben wird uns nicht leicht gemacht in einer Welt, die Gott eigentlich nicht kennt. Christen wurden von Jesus in eine Welt ausgesandt, in der sie wie Schafe unter Wölfen auf alles gefasst sein sollten. In seinen Anweisungen an seine Apostel finden sich eindringliche Warnungen vor den Menschen, die wie Wölfe sind. Und er ging noch weiter, wenn er betonte, dass „eines Menschen Feinde seine eigenen Hausgenossen“ sein können. Und er machte seinen Jüngern Mut, wenn er betonte, dass die Macht der Menschen eine klare Grenze hat: „Habt keine Angst vor denen, die nur den Leib töten können, aber die Seele nicht.“ (Mat. 10:28) Damit wollte er sagen, dass das ewige Leben nach der Auferstehung nicht von dem abhängt, was einem böse Menschen antun können. Das ewige und wirkliche Leben seiner Nachfolger ist bei Gott gut aufgehoben und erwartet sie.

In der Vergangenheit haben viele Jünger Jesu ihr Leben unter Verfolgungen verloren. Durch die Geschichte zieht sich der lange Blutstrom der christlichen Märtyrer und zeugt vom starken Glauben dieser Menschen. Und von ihnen kann man sagen, dass sie – obwohl sie als Schwächlinge gesehen wurden – die böse Welt doch durch ihren Glauben besiegt haben. Denn sie bewiesen, dass sie nicht erpressbar waren; ihr Glaube war nicht käuflich. Sie waren durch Todesfurcht nicht zu erpressen! Sie waren kein Teil dieser Welt, sondern Bürger eines viel mächtigeren Reiches, das diese Welt zugrunde richten wird.

Hatte man es nötig, einen Greis zu töten? Hat man es sich als Ruhmestat angerechnet, einen schwachen alten Mann zu ermorden? Welches Licht wirft denn diese „Ruhmestat“ auf die Mörder? Jedenfalls machten sie das Maß ihrer Bösartigkeit voll, offenbarten ihren Hass auf alles, was wahr, was gerecht und lobenswert ist. Die schreckliche Tat offenbarte ihre herzlose Dummheit und  ihre Verblendung ebenso wie ihren Unglauben und das Fehlen jeglicher Moral. Gewiss, Jesaja war ein Dorn in ihrem Gewissen¸ er hatte sie lange Zeit mit seinen Botschaften gequält. Aber anstatt seine Botschaft ernst zu nehmen und Gott zu gehorchen, beseitigten sie den Überbringer dieser göttlichen Warnungen und hatten das über sie gefällte Urteil Gottes doch nicht aufheben können. Was Jesaja ihnen vorausgesagt hatte, erfüllte sich: 587 v. u. Zeit war die Nation am Ende, nachdem viele im Krieg getötet und noch mehr ins Exil mussten und die Heimat nicht wieder sahen.

Und wenn Paulus im Brief an die Hebräer im 11. Kapitel über solche Märtyrer sagte, dass „die Welt ihrer nicht würdig war“, dann hatte er Recht. Durch ihre edle, treue Haltung zu Gott, durch ihr bedingungsloses Vertrauen zu ihm, durch ihre Liebe zur Gerechtigkeit Gottes und ihr Einstehen dafür, haben sie eine ganze Welt besiegt! Kann man einen größeren Sieg über das Böse erringen?

Veröffentlicht von Tilo

Ein alter Mann, der lange Zeit ein Zeuge Jehovas war und dieser Kirche aus Gewissensgründen den Rücken kehrte. Heute stehe ich allen Kirchen misstrauisch gegenüber, denn glauben kann man nur allein. (amenuensor@aol.com)

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