Und draußen tobt der Wahnsinn

Dem stillen Betrachter dieser Zeit drängt sich die Frage auf, ob den Menschen allgemein der Wahnsinn droht. Ich habe noch keine Epoche erlebt, in der die Gesellschaft so polarisiert, so stark gespalten und zerstritten ist wie jetzt. Auf allen Kanälen finde ich Geschrei, Verleumdung, Wut, Hass, Lügen und Verführung zu schlimmen Verhaltensweisen. Jeder behauptet Recht zu haben. Jeder kann für seine Behauptungen irgendeinen “Experten” zitieren oder eine “wissenschaftliche” Publikation anführen, um den Eindruck von Wahrheit und Seriosität zu erwecken. Einprägsame Schlagworte wie “Fake News”, “Verschwörungstheorien”, “Bewusstseinskontrolle”, “Totale Beherrschung”, “Manipulation der Massen”, “Mainstream Medien”, “Desinformation” und “Regierungszensur” beschreiben den Boden, auf dem das allgemeine Misstrauen gegen die Regierung und gegen den Mitmenschen wächst. Ich beobachte eine zunehmende Radikalisierung, die mir Angst macht. Wehe, wenn sich nur ein Teil davon austobt!  “Jeder gegen jeden”, scheint die Devise zu heißen. 

Wo ist oben, wo ist unten? 

Die meisten wissen es nicht mehr. Wem soll man glauben und vertrauen? Man ist zu oft enttäuscht worden und hat das Vertrauen verloren. Und wie sieht es mit dem Denken aus? Es scheint, dass das klare, zielstrebige Denken kaum noch gepflegt wird, weil man durch die vielen widersprüchlichen Informationen verwirrt und verunsichert ist.  Worauf kann man sich stützen? 

Das ist die Lage, der ich mich gegenüber sehe. Soll ich mich da einmischen und für die Vernünftigkeit eintreten? Soll ich aufklären und mich auf eine der vielen Seiten stellen, die ich nicht durchschaue? Wenn ich es genau betrachte, dann geht es doch um Moralität! Die Verwirrung der Meinungen muss ich als Ergebnis einer Tendenz sehen, die vor Jahrzehnten in die öffentliche Diskussion getragen wurde, als man forderte: “Weg mit der Moral!” Und da kann ich für niemanden Partei ergreifen. Ich kann es nicht, weil keine verbindliche Grundlage da ist, die von allen – oder den meisten – anerkannt wird. Soll ich für Menschen Partei ergreifen, die sich der Lüge und der Täuschung bedienen, um ein gewisses Ziel zu erreichen? Ich kann es nicht! 

“Seid also wachsam”

Was muss ich tun, um den Kopf oben zu behalten? Die Antwort kann ich leicht geben, aber nur unter Anstrengung auch leben. Ich habe eingesehen, dass Glaube oder das Vertrauen zu Gott jeden Tag neu formuliert werden muss. Jeden Tag bin ich gezwungen, mich zu orientieren. Jeden Tag muss ich mir klar machen, an wen ich glaube. Dabei ist mir auch bewusst geworden, dass ich kämpfen muss, auch wenn ich mitunter müde bin und einzuschlafen drohe. Da gilt für mich und alle anderen Christen die Warnung Jesu im Hinblick auf schwierige Zeiten: “Seid also wachsam!” (Mat. 25:13).

Geistige Wachsamkeit! Das nimmt in den Endzeitreden Jesu einen zentralen Platz ein. Wachen und ständig darum beten, d. h. um den eigenen Standpunkt ringen. 

Wer beschützt mich?

Ich kann mich nicht in die vielen Debatten stürzen, weil mein Glaube auf der Überzeugung ruht, dass Christus Herr der Lage ist. Was auch um mich herum geschieht, er sieht es und hilft mir dort, wo meine Kraft endet. Er kann mich gegen die “Weltbeherrscher dieser Finsternis” in Schutz nehmen:

“Wir wissen, dass jemand, der ein Kind Gottes geworden ist, nicht bedenkenlos weiter sündigt, denn der aus Gott Geborene [Jesus] wacht über ihn und der Böse tastet ihn nicht an.” (1. Joh. 5:18) 

“Weil du meine Aufforderung zur Standhaftigkeit beherzigt hast, werde auch ich dich bewahren/beachten in der Zeit der Versuchung, in der die ganze Menschheit den Mächten der Verführung ausgesetzt sein wird.” (Off. 3:10)

Die Welt in der Macht des Bösen

Die Bibel sagt mir ganz deutlich, dass die Welt in der Macht des Bösen ist. Dieser Böse ist nach den Worten Jesu der Vater der Lüge (Joh. 8:44), er ist ein Mörder, ein Totschläger. Und durch ihn ist die “Grundordnung zerbrochen” worden (Ps. 11:3). Er ist der “Weltbeherrscher dieser Finsternis”. Und da richtet der Gerechte nichts aus! Und denke ich an die vielen Weltverbesserer, von denen die Geschichte erzählt, dann habe ich nicht die geringste Lust, mich dort einzureihen, denn ihre Wege waren in der Regel mit Millionen Toten gepflastert. Geblieben sind die falschen Ideale – und die Sehnsucht der Menschen nach Gerechtigkeit. Und immer wieder sind neue Verführer da, die diese unerfüllte Sehnsucht zu stillen versprechen.

Wogegen kämpft ein Christ? 

Das wird klar ausgedrückt: 

“Und schließlich: Lasst euch stark machen durch den Herrn, durch seine gewaltige Kraft. Zieht die volle Rüstung Gottes an, damit ihr den heimtückischen Anschlägen der Teufels standhalten könnt. Wir kämpfen ja nicht gegen Menschen aus Fleisch und Blut, sondern gegen die dämonischen Mächte und Gewalten, gegen die Weltbeherrscher der Finsternis, gegen die bösartigen Geistwesen in der unsichtbaren Welt.” (Eph. 6:10-12)

Das muss ich mir immer wieder deutlich vor Augen führen! Meine Feinde sind unsichtbar und gerissen, heimtückisch und grausam. Was kann  ein Sterblicher dagegen ausrichten? Auf sich allein gestellt nur wenig, aber mit der Kraft Gottes, der Hilfe Jesu und seinem Glauben kann er sie besiegen, indem er nicht zulässt, dass sie ihn betrügen und verführen. Und nur auf dem Gebiet des Glaubens habe ich dier Unterstützung Gottes. Nur hier kann ich siegen! Und durch meinen Kampf beweise ich auch, dass ich Gott in allem vertraue. Durch meinen Sieg verurteile ich auch die Welt des Bösen. 

Das Denken wird von Gott beschützt

Und ich habe es erlebt, dass mein Denken beschützt wird, wenn alle Arten von Verschwörungstheorien auf mich niederregnen. Das ist eindeutig die Folge, wenn Frieden und Freude von Gott kommen:

“Freut euch jeden Tag, dass ihr mit dem Herrn verbunden seid! Ich sage euch noch einmal: Freut euch! … Macht euch keine Sorgen, sondern bringt eure Anliegen im Gebet mit Bitte und Danksagung vor Gott! Und sein Friede, der alles menschliche Denken übersteigt, wird euer Innerstes und eure Gedanken beschützen, denn ihr seid ja mit dem Christus verbunden.” (Phil. 4:4-7)

“Und Gott ist treu; er wird nicht zulassen, dass die Prüfung über eure Kraft geht. Er wird euch bei allen Versuchungen den Weg zeigen, auf dem ihr sie bestehen könnt.” (1. Kor. 10:13)

In diesen Zusagen Gottes ist alles enthalten, was ich benötige, um nicht Opfer von Verschwörungstheorien zu werden. 

Lohnt die Aufregung?

Trotzdem kommt es vor, dass ich mich über Ungerechtigkeit und über ihre Verursacher aufrege. Das kann meinen Frieden empfindlich stören. Und an dieser Stelle muss ich dann an den 37. Psalm denken, wo mir dieser Rat gegeben wird (Verse 1-8):

“Reg dich nicht über die Bösen auf, beneide die Verbrecher nicht! Sie verdorren schnell wie das Gras, welken wie das grüne Kraut. Vertraue auf Jehowah und tue das Gute, wohne im Land und sei ehrlich und treu. Erfreue dich an Jehowah! Er gibt dir, was dein Herz begehrt. Lass Jehowah dich führen! Vertraue  ihm, dann handelt er. Er wird dein Recht aufgehen lassen wie das Licht, deine Gerechtigkeit wie die Sonne am Mittag. Sei still vor Jehowah und warte auf ihn! Reg dich nicht über den auf, dem alles gelingt, über den, der böse Pläne ausführt. Steh ab vom Zorn und lass den Grimm! Reg dich nicht auf! Das führt nur zum Bösen.”

Das kann ich gut einsehen, denn meine geschichtliche Erfahrung bestätigt, dass Gewalt zum Bösen verführt. Gegen die bösen Geistermächte richtet aber meine Gewalt nichts aus.  Aufregung und Gewaltanwendung würden nur beweisen, dass ich nicht auf Gott warten will, bis er die Dinge in Ordnung bringt. 

Ich kann natürlich versuchen, meine Mitmenschen aufzuklären und den Weg zur Rettung zeigen. Aber auch hier bin ich nicht mächtig genug, um Menschen zu ändern. In den Sprüchen Salomos steht, dass die eigene Weisheit nur einem selbst nutzt. Ändern muss sich jeder selbst und darum kann ich nur Wegweiser sein. Aber eine Einmischung in eine öffentliche Debatte halte ich fast für sinnlos, denn neben dem “donnernden Wasserfall” wird die Stimme des Einzelnen nicht gehört, weil das donnernde Geschrei alles übertönt. Auch dafür sorgt der Teufel.

So will ich versuchen und darum kämpfen, in Frieden mit Gott zu leben, dann wird mein Denken beschützt. 

Veröffentlicht von Tilo

Ein alter Mann, der lange Zeit ein Zeuge Jehovas war und dieser Kirche aus Gewissensgründen den Rücken kehrte. Heute stehe ich allen Kirchen misstrauisch gegenüber, denn glauben kann man nur allein. (amenuensor@aol.com)

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