Licht und Irrlicht

Eine alte Geschichte?

Bis in das 19. Jahrhundert blühte auf Sylt die Strandräuberei. Unter den Bewohnern von Sylt kursierte das Sprichwort: “Frei ist der Strandgang, frei ist die Nacht!” Und jeder wusste, was damit gemeint war, denn in stürmischen Nächten, wenn die Aussicht bestand, ein havariertes Schiff zu plündern, war man am Strand und raubte, was an den Strand gespült wurde. Und gab es Schiffbrüchige, dann hatte die Rantumer keine Bedenken, sie zu erschlagen und zu verscharren. Um das “Geschäft” noch einträglicher zu gestalten, zündete man Leuchtfeuer an, um Schiffe auf den Strand zu locken.

Falsche Leuchtfeuer

Dieses wirksame Prinzip der Irreführung durch ein Leuchtfeuer findet bis heute immer noch lebhafte Anwendung. Nur geht es nicht um Piraterie, sondern um die Vernebelung des Geistes. Es brennen sehr viele falsche Leuchtfeuer die  als helles Licht erscheinen und alle Arten von Menschen  in die Irre locken. In allen Bereichen des Lebens findet man sie. Auch auf religiösem Gebiet locken sie viele Menschen in die Hände von Betrügern, die im Missbrauch des naiv-kindlichen Glaubenwollens eine Gelegenheit zum Geldverdienen und zur Machtausübung sehen.  

Ich muss nicht daran erinnern, dass viele Menschen die Orientierung verloren haben, die man früher noch zu einem guten Teil hatte, als das Gewissen und Gott noch eine gewisse Rolle spielten. Man vertraute noch einem inneren Maßstab und ließ sich von ihm leiten. In  unserer orientierungslosen Zeit suchen viele Menschen nach Sinn und Ziel im Leben. Die Esoterik und die vielen religiösen und pseudo-religiösen Bewegungen haben lebhaften Zulauf. Überall wird behauptet, dass man für die Probleme der Menschen eine gute Lösung habe. Man verspricht viel und die meisten scheinen das gerne glauben zu wollen. Sie lassen sich durch diese Irrlichter anlocken wie die Motten vom versengenden Licht

Was bringen die Versprechen der Gurus?

Die eigene Wahrnehmung macht uns schon misstrauisch, denn wir sehen das stille, würgende Unglück, das fast jeden heimsucht, der sich auf falsche Leuchtfeuer eingelassen hat. Das allgemeine Leben bietet einen unerschöpfliche Stoff für die Medien: Tausend Probleme, Skandale, Sorgen jeder Art und die steigende Flut der Kriminalität. Das hat sich niemand ausgedacht, das geschieht einfach jede Stunde, Tag für Tag. Ich sehe keinen tragfähigen Erfolg der vielen Heilsversprechen: Diese Welt fällt von Stufe zu Stufe immer tiefer in den Abgrund. Ich möchte es so beschreiben: Im stinkenden Kadaver dieses Weltsystems fühlen sich nur die Maden wohl!

Glaube bringt Licht

Ich bin in der guten Lage, glauben zu können, weil ich glauben darf. Glaube ist für mich keine meditative Technik, die mein “Chakra” repariert; es ist keine Psychotherapie, die mir in Alltagsproblemen hilft; es ist nicht das “Lichtlein, das von irgendwoher kommt”; es ist kein billiger Trost, der mich betrunken macht. Nein! Glaube ist die gesicherte Erfahrung Gottes als seiende, handelnde und gerechte Person, die sich in meinem Leben äußert. Glaube ist mein Leben, das ich “an der Hand Gottes” führe. 

“Ich bin das Licht der Welt”, sagte  Jesus von sich. “Wer mir folgt, wird nicht mehr in der Finsternis umherirren, sondern das Licht haben, das zum Leben führt.” (Joh. 8:12)

Meine Pilgerreise

Ich bin immer wieder dankbar dafür, dass ich nicht mir und meinem Denken und Fühlen ausgeliefert oder überlassen worden bin. Ich fühle und nehme es bewusst wahr, wie ich geleitet werde. Ich habe ein gutes Licht für meinen Weg und darf mich als Sohn oder Kind Gottes fühlen. Ich bin mir auch der Tatsache bewusst, dass ich Führung brauche, weil auch ich kämpfen muss, weil auch ich jeden Tag neu beginnen muss, den Weg ins Leben zu gehen. Aus diesem Kampf, mit allen Möglichkeiten des Siegens oder Scheiterns, gibt es für mich keine Entlassung. Und während ich diesen Weg gehe, lerne ich aus meinen Fehlern, erkenne mich an der Art, wie ich Probleme sehe und behandle. Ich kann das mit einem Bild ausdrücken: Im 84. Psalm wird es gebraucht:

“Wie glücklich sind die, deren Stärke du bist, die sich zur Pilgerfahrt rüsten. Wenn sie auch durchs Tränental ziehen, wird es zum Quellort durch sie, und der Herbstregen hüllt es in Segen. Mit jedem Schritt wächst ihre Kraft, bis sie vor Gott in Zion erscheinen.” 

Als Christ ist man auf der Reise zu Gott. Man geht auf dieser Reise durch viele Schwierigkeiten, aber der Weg wird immer leichter zu gehen, weil die Stärke Gottes uns begleitet, weil der Weg im Tränental sich zu einem Ort der Quellen wandelt, er also zu einer Oase wird und der fruchtbringende Herbstregen den Segen Gottes bringt. Mit jedem Schritt wächst unsere Kraft! Und das alles geschieht unter der Leuchtkraft, die Gott als Licht  uns schenkt. Gott beleuchtet unseren Weg und sorgt dafür, dass er zu einem guten Ziel führt.

Was Gott von uns will

Es ist in der Bibel enthalten: Gott will mit Geist und Wahrheit angebetet werden (Joh. 4:24). Weil er selbst Licht ist, sollen auch seine Kinder  Licht sein: “Ihr seid das Licht der Welt” und “lasst euer Licht vor den Menschen leuchten”. So hat es Jesus ausgedrückt. Und wer im Licht lebt und Licht spenden will, muss Gottes Gerechtigkeit auszuleben versuchen: 

Gott ist Licht, in ihm gibt es keine Spur von Finsternis. Wenn wir behaupten, mit Gott Gemeinschaft zu haben und trotzdem in der Finsternis leben, dann lügen wir: Unser Tun steht im Widerspruch zur Wahrheit. 

Wenn wie aber im Licht leben, so wie Gott im Licht ist, sind wir miteinander verbunden, und das Blut seines Sohnes Jesus macht uns von jeder Sünde frei. Wenn wir behaupten, ohne Schuld zu sein, betrügen wir uns selbst und verschließen uns der Wahrheit. Wenn wir unsere Sünden eingestehen, zeigt Gott, wie treu und gerecht er ist: Er vergibt uns die Sünden und reinigt uns von jeder Ungerechtigkeit. Wenn wir behaupten, wir hätten nicht gesündigt, machen wir Gott zum Lügner. Dann lebt sein Wort nicht in uns.” (1. Joh. 1:5-10) 

Allein schon diese Hilfe Gottes, die uns zu besseren Menschen macht, ist ein wunderbares Licht auf unserem Lebensweg. Dieses Licht bewahrt uns davor, Böses zu tun, falsche Ziele zu verfolgen und am Ende das zu ernten, was wir an Bösem gesät haben. Und wieder betone ich: Die Gerechtigkeit Gottes beschützt uns! 

Und nun blicke ich auf die vielen Gurus, die den leichtgläubigen Menschen das Glück und die Freude versprechen und ihnen doch nur das Geld aus der Tasche stehlen. Ich blicke auf ihre Jünger und auf ihr Leben und sehe, dass sie nicht zu Gott gefunden haben, dass es ein Irrlicht war, das sie in die Finsternis lockte, und dann wundert es nicht, dass man im Leben Schiffbruch und Untergang erlebt! 

Das blendende Licht dieses Weltsystems

Neben den großen und kleinen Katastrophen die uns die Nachrichten ins Wohnzimmer liefern, gibt es das strahlende Licht des Optimismus, das alles positiv einfärbt und  verhindern will, dass man nachdenklich wird. Dieses Licht ist so grell, dass die Augen geblendet werden. Die moderne Welt des Kapitalismus strahlt von Glanz und Glitter. Es täuscht die Sinne und vernebelt den Verstand, denn es bedient scheinbar den Wunsch der Menschen nach Glück, Erfolg und Wohlstand. Überall werden die sichtbaren Zeichen des wirtschaftlichen Erfolgs aufgerichtet: Die Metropolen dieser Welt überbieten sich durch ihre Bauwerke darin, den wirtschaftlichen Erfolg sichtbar zu machen. Aber dieser falsche, trügerische Glanz überstrahlt doch nur das menschliche Elend, das uns auf Schritt und Tritt begegnet. Er ist reine Fassade, er ist Theaterdekoration für ein mieses Stück. Denn fragt irgendjemand nach der Lösung für ein drängendes und bedrohliches Problem, dann fällt die Antwort  eher vage, verlogen oder nichtssagend aus. Nur mit Mühe kann man die Perspektivlosigkeit und Ratlosigkeit überdecken. Es gibt viele Worte, Absichtserklärungen und Versprechen, aber keine ernstzunehmende Aktivität. Das nennt man operative Hektik. Man tut so, als ob. Was daneben noch auffällt ist dies: “Lasst uns essen und trinken und fröhlich sein, denn morgen ist die Party vielleicht schon vorbei!” 

“Dein Wort ist Wahrheit”

Ich bleibe beim Lesen in der Bibel oft an ganz einfachen Aussagen hängen. Eine davon ist ein Wort Jesu: 

“Ich bitte dich nicht darum, sie aus der Welt wegzunehmen, aber ich bitte dich, sie vor dem Bösen zu bewahren. Sie gehören nicht zur Welt, genauso wie ich nicht zu ihr gehöre. Mache sie durch die Wahrheit zu Menschen, die ganz für dich da sind! DEIN  WORT  IST  WAHRHEIT.” (Joh. 17:15-17)

Wie oft habe ich darüber schon nachgedacht? Wie oft habe ich diesen Ausspruch anhand meiner Erfahrung und all den Tatsachen geprüft, mit denen ich konfrontiert worden bin? Das geht nun schon ein Leben lang – und immer wieder treffe ich für mich die Feststellung: “Dein Wort ist Wahrheit!” Und dann kann ich Gott nur danken! Ja, ich fühle mich im Wort Gottes zu Hause; hier bin ich geborgen, hier finde ich Rat, Hilfe, Verständnis, Trost und Hoffnung. Ich kann mir zusammen mit dem heiligen Geist Gottes kein besseres Licht für meinen Lebensweg denken. 

Während ich mich durch Gottes Licht auf meinem Weg leiten lasse, sehe ich die düsteren Prophezeiungen der Offenbarung in Erfüllung gehen. Während die letzten Plagen über dieses Weltsystem ausgegossen werden, geschieht auch dies:

“Der fünfte Engel goss seine Schale über den Thron des wilden Tieres aus. Da wurde sein ganzes Reich in Finsternis gestürzt und die Menschen zerbissen sich  die Zungen vor Qual. Sie verfluchten Gott im Himmel wegen ihrer Schmerzen und ihrer Geschwüre. Doch ihre Taten bereuten sie nicht.” (Off. 16:10, 11)

Angesichts dieser angekündigten Dunkelheit sagte Jesus zu seinen Jüngern:

“Nutzt das Licht, so lange ihr es habt, damit euch die Dunkelheit nicht überfällt! Wer in der Dunkelheit unterwegs ist, weiß nicht, wohin er geht. Glaubt an das Licht solange ihr es noch habt, damit ihr Menschen des Lichts werdet!” (Joh. 12:35, 36)

Veröffentlicht von Tilo

Ein alter Mann, der lange Zeit ein Zeuge Jehovas war und dieser Kirche aus Gewissensgründen den Rücken kehrte. Heute stehe ich allen Kirchen misstrauisch gegenüber, denn glauben kann man nur allein. (amenuensor@aol.com)

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