Angst erdrosselt die Freude

“Freut euch jeden Tag, dass ihr mit dem Herrn verbunden seid! Ich sage es noch einmal: Freut euch!” (Phil. 4:4)

Niemals hätte ich gedacht, dass Angst das vorherrschende Lebensgefühl dieses Zeitalters sein könnte. Wir leben in Europa doch in einem relativen Frieden, es herrscht ein nie gekannter Wohlstand und die Staaten haben für ihre Bürger fast alles geregelt und geordnet. Und alle Kriege und Krisen scheinen weit weg zu sein und erreichen uns nur durch die Nachrichten aus aller Welt.

Doch allmählich kommt alles näher und wird bedrohlich, ist nicht nur Schatten an der Wand, sondern morgen schon erlebbare Realität. Wir wissen mittlerweile, dass Globalisierung der Welt nicht nur wirtschaftliche Vorteile bringen kann, sondern auch die Risiken, Krisen, Kriege und Krankheiten anderer Weltteile, so dass ein Krieg in Europa greifbar nahe kommt. Und die Ängste wachsen!

Wie kann ein Schaf unter Wölfen leben?

Und inmitten dieser Welt gibt es die Menschen, die das Christentum ehrlich und wahrhaftig ausleben wollen. Jesus Christus hat sie mit Schafen verglichen, die unter Wölfen leben müssen. Kann das gut gehen? Laufen die Schafe nicht Gefahr, von den Wölfen gefressen zu werden? Jedenfalls ergeben sich auch hier viele Ursachen für Sorgen und große Ängste, die eine ständige Herausforderung an den Glaubenden darstellen. Und der Glaubende muss sich fragen, wie er dieser Zeit mit ihren Herausforderungen wirkungsvoll begegnen kann. Gewiss, die Frage war schon immer für Christen lebenswichtig, denn sie wollen ja entgegen aller Widerstände ihren Glauben an Gott bewahren; sie wollen sich im Vertrauen zu Gott nicht erschüttern und von der Welt vereinnahmen lassen. Denn das ist ja das “weiße Gewand”, von dem Jesus in der Offenbarung spricht, das Treue zu Gott symbolisiert und das es unter allen Umständen zu bewahren gilt, um das ewige Leben zu erhalten. Um dieses “weiße Gewand” rein zu bewahren braucht man die Hilfe des Himmels, die führende Hand Jesu und die Hilfe und den Schutz Gottes. Nur so kann ein Schaf unter Wölfen bestehen.

Glaubensfreude als Kraftquelle

Was Gott auch zulassen mag – ich will es tragen! Und wenn möglich, will ich es freudig und ohne Angst ertragen. Ich möchte aus der gleichen Kraftquelle trinken, aus der die frühen Christen getrunken haben, von denen es heißt, dass sie um Jesu willen in Unehre und Verfolgungen gerieten und das freudig auf sich genommen haben. Woher kam diese Kraft? Woher kam diese Freude? Diese Glaubensfreude kann nur aus der Gottverbundenheit gekommen sein! Diese feste Verbundenheit mit Gott flößt Vertrauen und Zuversicht ein. Nur wer in der Lage ist, Gott zu “sehen”, ist zu dieser Freude fähig. Die enge Gottverbundenheit gibt Hoffnung. Sie macht das Zukünftige für Christen sichtbar. Und mit dem Blick auf das Reich Gottes weiß man, dass sich alles, was sich Christen erhoffen, auch erfüllen wird. Wir haben ein gutes Vorbild in Jesus, von dem gesagt wurde, dass “er für die vor ihm liegende Freude” alles Schlimme erduldete:

“Und dabei wollen wir auf Jesus schauen. Er hat gezeigt, wie der Glaubenslauf beginnt und wie er zum Ziel führt. Weil er wusste, welche Freude auf ihn wartete, hat er das  Kreuz und die Schande dieses Todes auf sich genommen. Nun sitzt er auf dem Ehrenplatz an Gottes rechter Seite.” (Heb. 12:2)

Muss ich das auch lernen? Das ist keine Frage: Ich muss es lernen! Ich muss bereit sein, für den Glauben zu leiden – und sogar dafür zu sterben. (Mat. 10:28).

Bereit sein zum Glaubenskampf

Solange man diese Worte Jesu aus Matthäus 10 nur als lehrreichen Lesestoff sieht, sind sie nicht weiter schwer. Man ist ja geneigt, das alles weit von sich in die Zukunft zu schieben oder zu denken, dass es ja nicht auf jeden Christen zutreffen muss. Aber habe ich denn ein Recht darauf, mich aus diesem Kampf zwischen Gut und Böse herauszuhalten? Nein! Ein Nachfolger Jesu muss immer dazu bereit sein, für seinen Glauben zu kämpfen und zu leiden! In seinen Ermahnungen an seine Nachfolger (Offenbarung 2 und 3) fordert Jesus die Treue bis zum Tod! Erst wenn dieser Kampf gewonnen ist, kann man die “Krone des Lebens” empfangen. Wichtig ist dabei, dass man die nötige Kraft dafür erhält, damit die Glaubensfreude nicht verblasst.

Freude braucht Gründe

Es gibt viele Ursachen für das Verblassen der Freude. Über alle diese Ursachen muss man als gewissenhafter Mensch nachdenken. Man muss nachdenken, um zu reifen. Daneben ist man auch gezwungen, über Gründe zur Freude nachzudenken. Der Alltag bringt es mit sich, dass man vielleicht von Problemen gefangen genommen wird und sich die Gedanken nur um diese Probleme drehen und damit die Freude ersticken. Doch! Die Angst erdrosselt die Freude! Und darum ist sie ja auch eine wirkungsvolle Waffe des Teufels: Die von ihm erzeugte Angst treibt die Menschen in seine Arme und trennt sie von Gott. 

Die Freude wollen und sie sich bewusst machen

Aber die Freude und besonders die Glaubensfreude, will bewusst werden, sie will gewollt sein und braucht Gründe. Die Freude muss beschützt werden, damit sie nicht von bösen Gedanken und Einflüssen überwuchert wird. Ich muss darauf achten, dass nichts von all dem destruktiven Schmutz der Welt in mir Wurzeln schlägt. Ich muss meine Gedanken erstens durch Disziplin beherrschen lernen und zweites mich durch den Frieden Gottes beschützen lassen. Denn nur unter dem Frieden Gottes, der alles Denken weit übersteigt, werden meine Verstandeskräfte behütet (Phil. 4:6, 7). Und für den Kampf gegen die bösen Einflüsse, welche die Angst verstärken und die Freude erdrosseln, brauche ich einen klaren Sinn, der geübt ist in der Unterscheidung zwischen Gut und Böse. Ich brauche eine feste Haltung.

Vertraute Menschen

Ich möchte mich an Menschen aus der Bibel orientieren, weil ich bei ihnen denselben Kampf um den Glauben und die Freude und gegen die Angst gefunden habe. Im Psalm 77 z. B. fand ich die  Worte Asafs, die mich fühlen ließen, dass er denselben Kampf führte wie ich:

“In meiner Not suche ich den Herrn, nachts strecke ich die Hand nach ihm aus und lasse ihn nicht los. Ich weigere mich, getröstet zu werden. Denke ich an Gott, stöhne ich, sinne ich über ihn nach, verliere ich den Mut.”

Und er stellt Fragen:

“Wird der Herr für immer verwerfen? Wird er nicht wieder gnädig sein? Ist seine Gnade für immer zu Ende? Gilt sein Versprechen in Zukunft nicht mehr? Hat Gott vergessen, gnädig zu sein? Hat er im Zorn sein Erbarmen versperrt?”

Was war passiert? Das wird von Asaf nicht ausgeführt, aber seine Fragen lassen darauf schließen, dass er ein Tief im Glauben und Angst vor der Zukunft hatte, dass seine Freude verblasst oder gestorben war: 

“Da sagte ich: ‘Das ist mein Schmerz, dass der Höchste sich jetzt anders verhält’. 

Hat sich Gott wirklich anders verhalten? Nein, denn wer sagt, dass er über die “Taten Jehowahs”  und “sein wunderbares Tun von einst” nachdenken will, hat ein persönliches Problem, darum wollte er das Handeln Gottes verstehen und wissen, was es bewirkt. 

Und dann denkt er tatsächlich über Gottes Taten nach und aus den Erfahrungen der Vergangenheit zieht er den Schluss, dass Gott in seinem Tun heilig ist, dass er an Gott nicht zweifeln kann. So war er ein ganz normaler Mensch, der im Leben durch Höhen und Tiefen gehen muss und der jeden Tag neu um seinen Glauben, seine Treue  und seine Freude kämpfen musste. Und es hat bestimmt einen gewissen Nutzen, wenn man eine kleine Weile im ‘dunklen Tal’ gehen muss und gezwungen wird, sein Denken gezielt auf den Schöpfer und Vater im Himmel auszurichten, wenn man gezwungen wird, auch über sich selbst nachzudenken. Das hat der König David auch so erlebt, als er im Psalm 31 beschrieb, wie er durch Gottes Gnade beglückt worden ist:

“Ich juble vor Freude, dass deine Gnade mich beglückt. Du hast meine Elend gesehen, die Angst meiner Seele erfasst, mich nicht dem Feind ausgeliefert, sondern mir Raum zum Leben verschafft.”

Vor dem Jubel hat es so ausgesehen:

“Jehowah, sei mir gnädig denn ich bin in Angst. Vom Weinen ist mein Auge verquollen. Meine Seele ist matt und müde mein Leib. In Kummer schwindet mein Leben dahin, in Seufzen vergehen meine Jahre: Meine Kraft ist gebrochen durch meine Schuld, und meine Glieder versagen den Dienst.” 

Der Kampf gegen die Angst ist der Kampf für die Freude

Auch an David bemerke ich den persönlichen Kampf um die Freude – und gegen die Angst. Heute weiß ich, dass alles dies zum Glaubensleben dazugehört. In der BIbel habe ich nichts anderes gefunden. Immer war den Glaubenden der Kampf aufgegeben, um daran stark zu werden und zu reifen. Ich will also nicht erschüttert sein, wenn sich mein Glaube im täglichen Leben bewähren soll. Ich will wahrhaben, dass ich manchmal schwach werde, dass ich nicht immer der strahlende Sieger sein kann. Ich will akzeptieren, dass ich fallen kann. Aber ich will auch wissen, dass ich wieder aufstehen kann, wenn Jesus mir seine Hand reicht und unser Vater im Himmel mir gnädig ist. Ich weiß, dass ich im Glaubenskampf siegen werde, weil ich in guten, helfenden Händen bin! Und darüber will ich mich freuen!

Die Angst besiegen und die Freude erhalten

Wenn mich die Angst vor der ungewissen Zukunft  überfällt, dann will ich ganz bewusst über mein Leben nachdenken, um zu erkennen, wie ich an Gottes Hand gegangen bin. Ich will es mit dem Herzen wissen, wie gut und weise mich der Geist Gottes geführt hat, auch wenn es manchmal ein Umweg schien.  Aber in der Summe habe ich ein Leben führen dürfen, das dem Ziel meines Glaubens immer näher gekommen ist. Hätte ich das auch erreicht, wenn ich vor den Prüfungen meines Glaubens bewahrt worden wäre?  Daran zweifle ich. Ich war oft verzweifelt und ohne Ausweg; ich habe zeitweilig mit dem Leben gehadert und war nicht immer über alles erhaben und stark, sondern entmutigt, tieftraurig und einsam. Aber mein Vater im Himmel hat mir geholfen, Kraft geschenkt und mich durch Jesus Christus dem Ziel näher gebracht. 

Vertrauen wächst durch eigene Erfahrung mit Gott

Durch diese wertvollen Erfahrungen mit dem himmlischen Vater ist ein tiefes Vertrauen zu ihm gewachsen und ein starker Friede erfüllt mich. Und ich denke: Wenn Gott in der Vergangenheit so gut zu mir war, dann wird er es in der Zukunft auch sein. MIt dieser Zuversicht will ich fortan leben! Mit Gottes und Jesu Hilfe wird es mir möglich sein, zu verhindern, dass die Angst meine Freude in Jehowah erwürgt. Ich will “aus dem Bach seiner Freude trinken” (Ps. 36:9, 10):

“Wundervoll ist deine Güte, Gott! Im Schatten deiner Flügel suchen Menschenkinder Schutz. Sie genießen den Reichtum deines Hauses. Vom Bach deiner Freude lässt du sie trinken. Denn bei dir ist die Quelle des Lebens, in deinem Licht sehen wir das Licht.”

Veröffentlicht von Tilo

Ein alter Mann, der lange Zeit ein Zeuge Jehovas war und dieser Kirche aus Gewissensgründen den Rücken kehrte. Heute stehe ich allen Kirchen misstrauisch gegenüber, denn glauben kann man nur allein. (amenuensor@aol.com)

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