Trost

Ich beginne mit einem Seufzer: “Ach, Andrea! Was du mir mitgeteilt hast, fällt auf ein trauriges, altes Herz, das deinen Schmerz mitempfindet. Seit meiner Kindheit leide ich am Leben. In einem Gedicht schrieb ich: “Durch alle Alter geschritten, als Kind, als Mann, als Greis. Und immer am Leben gelitten, ward mir die Welt zu Eis.” Zur Zeit ist auch bei mir wieder die Hilflosigkeit, die Resignation und das Leiden am Leben in den Vordergrund getreten. 

Und nun lese ich deine traurigen Worte und denke: “Jetzt musst du dich und Andrea trösten”. Und ich hoffe, dass ich mich schreibend wieder frei kämpfen kann. Wenn düstere Gedanken den ganzen Tag durch das Bewusstsein ziehen, dann bleibt mir nur der Weg zu den Gedanken Gottes. Wie oft habe ich in den Psalmen die Wörter “Tränen”, “Verzweiflung”, “Schreien”, „Stöhnen“ und “Weinen” gefunden? Es ist unübersehbar, dass alle Schreiber am Leben gelitten haben. Und wo ließen sie ihre Klagen hörbar werden? Bei Gott! Auch wir haben keine andere Zuflucht, keinen anderen Helfer und Retter. Und darum gehe ich in meinen Gedanken immer zurück, um mich deutlich daran zu erinnern, dass ich nie allein gelassen worden bin. Auch wenn ich es nicht immer sofort wahrgenommen habe, war ich unter Gottes Schutz. 

Im Laufe der Zeit lernte ich, dass Glauben an Gott tatsächlich mit Leiden und Schmerzen verbunden ist. Und das hat unterschiedliche Ursachen. Man kann am Leben leiden, weil man die Verhältnisse in der Welt sieht, und das tut einfach weh. Man kann leiden, weil man für seine Sünden bestraft wird, weil Gott in seiner Erziehung zur Gerechtigkeit keine Straffreiheit gewährt (2. Mose 34:6, 7). Das habe ich alles erlebt. Man kann aber auch leiden, weil man auf die Probe gestellt wird. Und auch dabei wird man Wichtiges über sich und Gott lernen. Das war bei Jesus der Fall. Sein Sterben war so grausam und schmerzhaft, dass er Blut schwitzte! Und doch kamen Engel und stärkten ihn, ohne ihn aus der Prüfung zu befreien. Und dann lesen wir bei Paulus, dass Gott ihn durch Leiden vollkommen machte. Ich weiß nicht, was bei Jesus noch vervollständigt werden musste, aber er hat Paulus zu dieser Aussage inspiriert. (Ich muss über diese Sache noch ausführlich nachdenken.) In diesem Zusammenhang will ich auch an Hiob denken, der in seinem Leid fast an Gott irre wurde. Er verstand Gott nicht. Auf dem Höhepunkt seines Leidens sagte er:

“Doch ich weiß, dass mein Erlöser lebt, er steht am Schluss über dem Tod. Nachdem man meine Haut so sehr zerschunden hat, werde ich auch ohne mein Fleisch Gott schauen. Ihn selbst werde ich sehen, ja, meine Augen schauen ihn an; er wird kein Fremder für mich sein. Ich sehne mich von Herzen danach.” (Hiob 19:25-27)

Ich kämpfe darum, dass mich dieses Vertrauen nie verlässt!  In Gedanken zitiere ich mir oft einen Text aus dem Psalm 73: “Auch wenn ich Leib und Leben verliere, bleibt Gott doch mein Anteil für immer!”. 

Und nun bete ich darum, dass wir beschützt und verstanden werden, dass unser Vater im Himmel auf uns schaut und handelt, dass er uns im Leiden beisteht – wenn er es auch nicht sofort beseitigt.

“Schau nicht ängstlich nach Hilfe aus, denn ich, dein Gott, stehe dir bei! Hab keine Angst, denn ich bin dein Gott! Ich mache dich stark und ich helfe dir! Ich halte dich mit meiner rechten und gerechten Hand.” 

MIt solchen Gedanken versuche ich mich selbst immer wieder “einzunorden”. Hoffentlich konnte ich dir damit ein wenig helfen. Lass dich durch Gottes Geist und Liebe stärken!

Und nun wünsche ich dir eine friedliche Nacht!

Veröffentlicht von Tilo

Ein alter Mann, der lange Zeit ein Zeuge Jehovas war und dieser Kirche aus Gewissensgründen den Rücken kehrte. Heute stehe ich allen Kirchen misstrauisch gegenüber, denn glauben kann man nur allein. (amenuensor@aol.com)

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